Ein besonderes Spiel
WÖLFE vs. Eintracht Hildesheim
(Samstag, 02.06.2018, 18.30 Uhr, s.Oliver-Arena, Würzburg
Eigentlich könnte man die diesjährige Zweitligasaison schon weitgehend ad acta legen, denn wirklich viel wird sich an diesem letzten Spieltag wohl nicht mehr ändern. Beide Aufsteiger stehen fest, das Gerangel dahinter scheinen die Lübecker für sich zu entscheiden, und die Wölfe werden ihren anvisierten einstelligen Tabellenplatz so oder so sichern können. Am Ende der Tabelle ist weitgehend geklärt, wer im nächsten Jahr drittklassig sein wird. Anders als im letzten Jahr, als die Spannung am letzten Spieltag ihren Höhepunkt erreichte, es sowohl für den Aufstieg als auch den Abstieg Herzschlagfinals gab, haken die meisten Teams die jetzige Saison ab und richten ihren Blick schon mal auf das, was da in der nächsten Spielzeit auf sie zukommen wird.
Das machen mit Sicherheit auch die Wölfe, gleichwohl sie ihre durchaus erfolgreiche Saison noch einmal mit einem Heimsieg krönen wollen. Denn nicht viele haben nach dem letztjährigen Höhenflug wirklich daran geglaubt, dass es ihnen noch einmal gelingen sollte, so nachhaltig da oben mitzumischen. Doch zwei glänzende Auftritte gegen den unbestrittenen Überflieger BHC, drei Punkte gegen den zweiten Aufsteiger Bietigheim, alle Punkte gegen den Dritten, das zeigt genau die Qualität, die man sich über fünf Jahre Zweitliga-Zugehörigkeit hat hart erarbeiten können. Nun werden sich die Hildesheimer, wenn auch im nächsten Jahr wieder drittklassig, mit Anstand aus der Saison verabschieden wollen, denn das, was sie in der Zweiten Liga gezeigt haben, war dieser Klasse auf jeden Fall würdig. Ein Heimsieg gegen Erstligaabsteiger Coburg, das Unentschieden in Lübeck und der jüngste Auswärtssieg beim Rimpar-Bezwinger Eisenach sollen stellvertretend für die Qualität der Truppe von Trainer Gerald Oberbeck genannt sein. Dazu verfügt sie mit dem griechischen Rückraumspieler Savvas Savvas über den besten Torschützen der Zweiten Liga. Auch der wird sich, nachdem sein Wechsel zum Erstligisten GWD Minden feststeht, noch einmal gebührend aus Hildesheim verabschieden wollen.
So könnte man eigentlich diese Auseinandersetzung, bei der es um nichts wirklich großartig Zählbares mehr geht, abhaken und zur Tagesordnung übergehen, wenn da…, ja, wenn da nicht zwei Rimparer Urgesteine das letzte Spiel ihrer wirklich beachtenswerten Karrieren absolvieren würden. Das sind keine Karrieren, wie sie Nationalspieler, Olympiasieger, Welt- und Europameister in ihren Annalen stehen haben, aber es sind Karrieren, wie sie nur wenige Zweitligaspieler für sich beanspruchen können. Von der Jugend an haben Kapitän Stefan Schmitt und Basti Kraus in den Farben ihres Vereins gespielt, sind von der Landesliga über die Bayernliga in die Dritte Liga aufgestiegen, abgestiegen und mit einem neuen Anlauf wieder aufgestiegen, haben schließlich den Aufstieg in die Zweite Liga erreicht und spielen dort seit fünf Jahren auf höchstem Niveau. Und im letzten Jahr sind sie im schon benannten Herzschlagfinale nur hauchdünn am Aufstieg ins deutsche Oberhaus gescheitert. Ein ganzes Sportlerleben für einen Verein, das nahezu auf allen Niveaus neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als Lehrer und Hörgeräteakustiker, das können nur ganz wenige Handballspieler in Deutschland vorweisen.
Und die beiden stehen wie kaum andere Spieler für die Qualitäten eines wirklichen Wolfsrudels. Dort gibt es keinen Leitwolf, der alles an sich reißt und auf Gedeih und Verderb den Führer spielt. Solche Rudel werden von Wölfen geführt, die je nach Bedarf ihre Fähigkeiten zur Geltung bringen, mal der eine als Kämpfer, um die anderen vor einer Niederlage zu bewahren, mal der andere als kluger Kopf, um seine Gruppe aus der Gefahr zu führen. Rudel sind deswegen so stark, weil sie mehrere Leitwölfe haben, die sich bei aller Rivalität nicht in den Vordergrund spielen, sondern immer in die Bresche springen, wenn ihre Fähigkeiten gebraucht werden. Genau das repräsentieren die beiden Urgesteine, die jetzt von Bord gehen.
Es ist also doch ein besonderes Spiel, dieses letzte der laufenden Saison. Denn mit dem Abschluss der Zweitligakarrieren von Stefan Schmitt und Basti Kraus wird die Mannschaft zweifellos etwas von dem Saft verlieren, der die Truppe von Matthias Obinger bislang so erfolgreich beleben konnte. Die beiden galten stets als Vorbilder für die Jüngeren, als diejenigen, die ihr Rudel vor dem Spiel einschworen, danach mit ihm feierten oder es wieder aufrichteten. Bei ihnen lag man mit Sicherheit nie falsch, wenn man unterstellt, dass deren Eltern mit ihnen verdammt viel richtig gemacht haben müssen. Nun gehen sie von Bord, und uns allen bleibt am Ende dieses besonderen Spiels nur „Chapeau!“ zu rufen, uns zu verneigen und lang anhaltend zu applaudieren. Die beiden haben es verdient!