Während im Hintergrund die Vorbereitungen auf eine hoffentlich möglichst „normale“ Spielzeit 2021/2022 laufen, nehmen wir uns im Wolfsrevier noch einmal die Zeit, um einen Blick zurück zu werfen, auf eine Saison, die es so noch nicht gegeben hat.
Nach dem jähen Saisonende 2019/2020 startete die neue „Corona-Saison“ mit Verzögerung erst im Oktober. Im Kader der Wölfe hatte sich verhältnismäßig viel verändert: Vereinslegende Max Brustmann beendete wohlverdient seine großartige Karriere, Patrick Gempp zog es zur HSG Wetzlar in die 1. Bundesliga, das Leih-Geschäft von Fin Backs mit der MT Melsungen war beendet und der ehemalige Nationalspieler Benny Herth fand eine neue Herausforderung beim HSC Bad Neustadt. Für alle Vier hätte man sich eine schönere Verabschiedung vor den Fans erhofft, doch der Abbruch erzwang für die verdienten Akteure einen Abschied durch die Hintertür. Dasselbe galt auch für Andreas Thomas, welcher über Jahre hinweg als Torwarttrainer, sowohl für das Wolfsrudel als auch im Jugendbereich, tätig war.
Für die neue Saison kamen natürlich auch wieder Spieler hinzu und das Wolfsrevier erfuhr seit längerem einmal wieder nicht nur eine Art Umbruch, sondern ebenfalls einen internationalen Touch: Der Israeli Yonatan Dayan kam vom VfL Gummersbach, aus Saarlouis schloss sich der luxemburgische Nationalspieler Tommy Wirtz dem Wolfsrudel an. David Kovacic schloss sich vom slowenischen Spitzenklub Rubnica an und der bei den Rhein Neckar Löwen ausgebildete Valentin Neagu ist wie einst sein Vater für die rumänischen U-Auswahlen aktiv gewesen. Das schwere Erbe vom scheidenden Brustmann sollte Andreas Wieser in Kombination mit Torhüter-Neuzugang Marino Mallwitz vom Ligakonkurrenten VfL Lübeck antreten. Kapitän blieb auch weiterhin Patrick Schmidt – so war das Rudel gewappnet für eine ganz besondere Spielzeit, die es in sich haben sollte.
Eine gefühlte Ewigkeit ist es inzwischen her, als das Wolfsrudel im Oktober 2020 gegen den TV Hüttenberg (29:22) und dem ASV Hamm-Westfalen (18:20) noch zwei Spiele vor Zuschauern austragen durfte. Nach einer ersten Spielabsage für das Auswärtsspiel in Fürstenfeldbruck wegen positiven Fällen beim Gastgeber, folgte dann am 30. Oktober 2020 das Premieren-Geisterspiel in der Vereinsgeschichte gegen den TV Emsdetten (27:23). Fast ein dreiviertel Jahr ist im Anschluss ins Land gezogen, in denen die Heimspiele in unserem Revier vor leeren Rängen stattfinden mussten. Man konnte sich vielleicht daran gewöhnen, man wollte es aber nicht. Ohne das Publikum auf den Tribünen, war der leidenschaftliche und zugleich emotionale Handballsport um eines seiner wichtigsten Elemente beraubt. Dennoch zeigte man sich im Wolfsrevier auch dankbar sowie voller Demut sein, überhaupt dem Sport nachgehen zu dürfen, ein Privileg, welches über viele Monate dem Breitensport verwehrt geblieben ist. Auch durch die Umsetzung strikter Hygienemaßnahmen konnte diese Durchführung bewerkstelligt und damit auch die Existenz der Wölfe gesichert werden.
Nicht nur wirtschaftlich, auch sportlich wartete ein turbulentes Jahr auf das Wolfsrudel: Immer wieder unterbrochen durch coronabedingte Spielabsagen, Verletzungen und Spielplanänderungen, mochte kein wahrer Spielfluss bei der Klatt-Sieben aufkommen. Nach guten Partien folgten sehr häufig auch wieder Enttäuschungen, eine richtige Konstanz an Ergebnissen war nicht auszumachen, Unvorhersehbarkeit war steter Begleiter bei den Aufeinandertreffen in dieser Saison. Beispielhaft dafür waren die beiden Begegnungen gegen den VfL Gummersbach, welche aufgrund von Spielverschiebungen binnen weniger Tage aufeinanderfolgten: Konnten die Wölfe zuhause noch vollends überzeugen und dem Favoriten mit einem 28:24-Heimsieg wichtige Punkte im Aufstiegsrennen abringen, setzte es beim aufeinandertreffen beim ehemaligen Bundesliga-Dino eine saftige 23:33-Klatsche. Ein weiteres Zehn-Tore-Debakel beim abstiegsbedrohten TV Emsdetten (26:36) zählte zweifelsohne ebenfalls zu den Tiefpunkten in dieser Saison.
Highlights waren hingegen die beiden Derbysiege im unterfränkischen Duell gegen den TV Großwallstadt. Am Untermain gewannen die Wölfe souverän mit 32:25, in der s. Oliver Arena folgte zum Rückspiel ein ebenfalls starker Auftritt mit einem 22:17 Resultat. Auch der höchste Sieg der Vereinsgeschichte gegen den Wilhelmshavener HV (43:25) wird noch sehr lange in bester Erinnerung bleiben. An diesem Tag im Juni passte sowieso alles zusammen: Es war die Rückkehr von Zuschauern nach Monaten des Wartens und zeitgleich die Heimpremiere vor Zuschauern für den Interimstrainer Dr. Rolf Brack. Der sogenannte „Handball-Professor“ war dabei ein Bestandteil eines weiteren Novums im Wolfsrevier: Nach der Heimspielniederlage am 21. Mai 2021 gegen die SG BBM Bietigheim (21:25) beerbte dieser Ceven Klatt in dessen Tätigkeit als Trainer, um für die letzten Wochen der Saison die nötigen Impulse zu setzen und damit den Klassenerhalt auch rechnerisch perfekt zu machen. Das Unterfangen gelang, wie der Zufall so wollte, beim bereits geschilderten, geschichtsträchtigen Heimspiel gegen den WHV.
Auch wenn Dr. Rolf Brack nur wenige Wochen im Wolfsrevier wirkte, zeigte man sich für dessen Dienste in einer unangenehmen Situation sehr dankbar. Auch an Ceven Klatt soll für dessen Einsatz in den Monaten zuvor ein Dank gerichtet sein, auch er hat seine Duftmarke im Wolfsrevier hinterlassen und mit seinem Fokus auf die Defensive eine eingespielte Abwehr vermachen können. In der kommenden Spielzeit wird es dann auch ein Wiedersehen geben, denn Ceven Klatt wird mit seinem neuen Arbeitgeber, den Eulen Ludwigshafen, nach deren Abstieg aus der Beletage wieder im Wolfsrevier gastieren. Und auch an weitere ehemalige Wölfe müssen wir uns in einem neuen Gewand gewöhnen: Tommy Wirtz zog es wieder in die Richtung seiner Heimat und schloss sich nach einem Jahr im Revier, vor allem geplagt von der Sehnsucht nach seiner Familie und Freunde in Luxemburg, der HG Saarlouis an.
Tommy wird in der 3. Liga spielen, während die anderen beiden Abgänge dem Wolfsrudel ab der neuen Spielzeit direkt gegenüberstehen: Eigengewächs Lukas Siegler fand eine neue Herausforderung beim TuS Ferndorf und Kreisläufer Michael Schulz schloss sich dem HC Elbflorenz Dresden an. Allen Dreien wünschen wir viel Erfolg für die kommenden Ziele und Herausforderungen bei den neuen Klubs. Sie haben sich immer zerrissen für das Wolfsrudel und alles für das grüne Dress reingeworfen. Das Wiedersehen wird sicherlich auch deshalb emotional ausfallen.
Und so endete eine ganz besondere Saison, zwar nicht mit einem übermäßigen Happy End, dafür mit der Gewissheit, dass das Fundament für die inzwischen 9. Spielzeit in einer der stärksten Handball-Ligen der Welt auch in Krisenzeiten standhält – sowohl sportlich, als auch wirtschaftlich. Ein Dank geht dabei an alle, die in der vergangenen Saison dafür gesorgt haben, dass die Wölfe den Kampf um´s Überleben – mehr war es phasenweise nicht – bis hierhin gemeistert haben: Alle Partner, die treuen Fans, die Mannschaft inklusive Staff, die ehrenamtlichen Helfer, das medizinische Team oder auch das Ensemble rund um die Live-Übertragung, dass die Zuschauer zumindest zuhause den Handball verfolgen konnten. Jeder der konnte, zeigte sich dem Wolfsrevier solidarisch und das beweist die wahre Stärke im Wolfsrevier: die große Wölfe-Familie steht zusammen!
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